Der Stern berichtet unter Bezug auf firmeninterne Unterlagen, in der am 29.11.2007 erschienen Ausgabe, dass der Pharmahersteller Novartis seine Arzneimittel mittels Schecks, Marketingtricks und Vergnügungsreisen in den Markt drückt. Die Profiteure dieser Vorgehensweise seien hauptsächlich Ärzte.
So habe die deutsche Tochter des in der Schweiz ansässigen Konzerns allein in den Monaten Januar und Februar dieses Jahres mehr als 2.000 Ärzte für ein angebliches „Patienten-Screening“ bezahlt. Meldete ein Arzt 20 Patienten, die für das neue blutdrucksenkende Medikament Exforge geeignet sind, konnte er 330 Euro erhalten. Das so genannte „Patienten-Screening“ diene hauptsächlich zur Ankurbelung des Umsatzes, wie aus E-Mails von Novartis-Managern deutlich werde.
Darüber hinaus lud Novartis im Juli einige Ärzte zu einer Fortbildungsveranstaltung ein, bei der die Vergnügung deutlich im Vordergrund stand. Dies sei aber nach dem Kodex der „Freiwilligen Selbstkontrolle Arzneimittelindustrie“, den auch Novartis unterzeichnet habe, streng verboten. Dennoch organisierte der Pharmahersteller für die Ärzte ein umfangreiches Rahmenprogramm mit einer Kahnfahrt im Spreewald, an dem auch die Lebenspartner und Kinder der Mediziner teilnehmen konnten.
In einem anderen Fall, standen mehr als tausend Medizinern dem Pharmakonzern für ein angebliches „Experten-Interview“ zur Verfügung. Den teilnehmenden Ärzten wurde dafür jeweils 200 Euro Honorar bezahlt. Um an diesem „Interview“ teilnehmen zu dürfen, musste jeder dieser Ärzte zuvor aber eine gewisse Anzahl von Patienten auf ein Novartis-Präparat einstellen.
Ebenso zahlt Novartis für angebliche Medikamentenbeobachtungen an Ärzte zwischen 50 und 1.000 Euro, je Patient. Ferner können Ärzte 1.000 Euro bei Patienten verdienen, die an Krebs erkrankt sind, wenn sie das teure Novartis-Präparat Glivec nehmen. Wie diverse E-Mails von Firmenmanagern verraten, werden die Medikamentenbeobachtungen intern hauptsächlich zur Umsatzsteigerung eingesetzt. Nach offiziellen Angaben, sollen die Beobachtungen wissenschaftlicher Erkenntnis dienen.
Daneben verstößt Novartis anscheinend gegen die Regeln für die Abgabe von Musterpackungen bei Ärzten. Offiziell dürfen pro Arzt lediglich 2 Packungen eines Präparats im Jahr abgegeben werden. Der Pharmahersteller habe aber bereits in den ersten beiden Monaten 2007 so viele Exforge-Muster verteilt, dass rechnerisch jeder Arzt in Deutschland mit knapp drei Packungen versorgt werden konnte.
Das Magazin „Stern“ konfrontierte Novartis schriftlich mit seinen Nachforschungen. Das Unternehmen antwortete nur allgemein, sich an geltendes Recht und Gesetz zu halten und den Verhaltenskodex der Pharmaindustrie zu unterstützen.